Lebenshilfe Braunschweig
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17.06.2023

Special Olympics Berlin: Es ist ein Abenteuer – und eine Ehre!

Die Vision: „Wir wollen zu den Olympischen Spielen.“ Und das von 0 auf 100 Prozent. Das muss man erstmal bringen… Es ist noch nicht lange her, dass Marcel Glindemann, Kaja Schöbel und Marcel Slotta von der Lebenshilfe Braunschweig nach einem Probetraining Beach-Volleyball sagten: “Cool. Wir sind dabei und wir strengen uns an.“

Karte für Berlin

Zum ersten Mal nahmen die Drei also vor anderthalb Jahren einen Volleyball in die Hand, trainierten dann einmal wöchentlich, fuhren mit einer spannenden Mischung aus Mut und Ehrgeiz zu Wettkämpfen und zur Olympia-Qualifikation. Und nun haben sie, ein wenig sensationell, die Eintrittskarte für die „Special Olympics World Games“ in Berlin im Rucksack.

Turnier des Lebens

Ein wenig Respekt, ein gutes Selbstvertrauen und eine enorme Vorfreude auf das Beach-Volleyball-Turnier ihres Lebens spornen die drei Menschen mit Beeinträchtigung richtig an. Regelkunde, Spielverhalten im Team, zweimal Trainingslager an einem Wochenende in Bayern, Delegierten-Treffen und offizielles Einkleiden mit den Trikots der deutschen Nationalmannschaft in Berlin und dann im Juni das große Finale, wiederum in der deutschen Hauptstadt: die Special Olympics World Games. Der Traum eines jeden Sportlers wird wahr.

Inklusives Team

Marcel, Kaja und Marcel arbeiten in einer Küche, in einem Café und in einem Kaufhaus der Lebenshilfe Braunschweig. Nun ist ihr Kalender auch voll mit Sportterminen, aber das schweißt das inklusive Team zusammen: „Im Beachvolleyball der Special Olympics spielen Menschen mit und ohne Beeinträchtigung zusammen. Das ist ein unglaubliches Gefühl“, erzählen die drei Tandem-Partner:innen, international als Unified-Partner deklariert. Sie strahlen richtig mit einer Überzeugung, die Ehrenamt, Engagement und Sportsgeist auf das Beste verbindet. „So geht Inklusion!“

Strenge Vorgaben

Pauline Clauß, Max Geiger und Mareike Steffen haben als Unified-Partner:innen strenge Vorgaben für das Zusammenspiel: Im Fokus stehen immer die Menschen mit Handicap, sportliche oder strategische Überlegenheit darf nicht ausgenutzt werden, um die gegnerische Mannschaft mit diesen Mitteln zu besiegen. „Wir geben eher Orientierung im eigenen Spielfeld, sorgen für Motivation und eine möglichst gleichmäßige Einbindung aller“, erklären die Unified-Partner:innen.

Jeder Punkt zählt

Trainer Frank Rogalski, verantwortlich für das Berufsbildungszentrum der Lebenshilfe Braunschweig und mit eben solcher Leidenschaft Volleyball-Trainer im USC-Leistungssport, war Ideengeber und Motor für das neue Team. Er nutzte sein Netzwerk und organisierte von den Bällen bis zur Trainingsmöglichkeit so Manches. Mit einem gewissen Stolz blickt er auf das noch junge Team: „Alle haben sich unglaublich gut weiterentwickelt. Allein schon rückwärts zu laufen, ist eine Herausforderung. Oder mit einer besonderen Taktik anzugreifen anstatt nur zu reagieren“, erklärt der Trainer. „Wir entwickeln uns mit kleinen Schritten – aber: Jeder strengt sich an!“

Mehr Erfahrung

Die Chancen schätzt er realistisch ein: „Andere Nationen haben viel mehr Erfahrung als wir und dürften die Medaillenränge unter sich ausmachen. Aber für uns zählt jeder Punkt. Und wer kann schon sagen, Punkte bei der Olympiade gesammelt zu haben?“ Dazu käme die Teilnahme am Rahmenprogramm, inklusive Gemeinschaftserlebnis mit Menschen aus der ganzen Welt.

Fachbegriffe und Regeln

„Pritschen, Baggern, Netzball, Auslinie – es gibt viel zu erlernen“, berichten die Athlet:innen. Manchmal schaue er sich sogar privat ein Youtube-Tutorial an, um noch besser zu werden, erzählt Marcel Glindemann. „Es ist wirklich nicht einfach, den Flugball zu berechnen und zu wissen, wo ich zur Ballannahme stehen muss. Schließlich darf ich nicht zu lange überlegen, sonst liegt der Ball ja schon im Sand“, weiß Kaja Schöbel aus Erfahrung.

Gutes Miteinander

„Inklusive Teams – das sollten mehr Sportarten und mehr Nationen wagen“, fordert Max Geiger. Nicht nur die sportliche Weiterentwicklung, sondern auch das Miteinander als Mensch sei so bereichernd, ergänzen Pauline Clauß und Mareike Steffen. „Freude, Anerkennung, Trost und das sogar zwischen den internationalen Teams… das möchte man so gern immer wieder erleben!“

Gänsehaut pur

„Koffer packen - easy peasy, also kinderleicht“, sagt Kaja Schöbel lässig. „Mitfiebernde Unterstützung der Familien - na klar“, weiß Marcel Slotta. „Fairer Kampf um jeden Punkt - ganz unbedingt“, betont Marcel Glindemann. Alle spüren schon jetzt: Der Einmarsch ins voll besetzte Olympia-Stadion, das flackernde Feuer auch als Symbol der Weltspiele für Menschen mit geistiger Beeinträchtigung - das ist Gänsehaut pur.

Abenteuer und Ehre

„Das ist doch ein ganz verrücktes Abenteuer“, meint das Team „Wir wissen ganz genau: Das ist eine einmalige, besondere Chance für jeden Sportler: OLYMPIA! Und es ist eine ganz große Ehre, dabei sein zu dürfen. Wir kämpfen um jeden Ball, für uns und für Deutschland.“

Text: Elke Franzen
Fotos: Elke Franzen + Michael Romacker + Oliver Kraft + Frank Rogalski

 

Hintergrund

Die Special Olympics World Games 2023 sind die weltweit größte inklusive Sportveranstaltung. Vom 17. bis 25. Juni treten in Berlin tausende Athlet:innen mit geistiger und mehrfacher Behinderung in 26 Sportarten und Unified-Sportarten an. Das sind inklusive Teams aus Menschen mit und ohne Beeinträchtigung. Die Special Olympics World Games werden weltweit übertragen.